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Historia presente

Foto (Film: Fico te devendo uma carta sobre o Brasil)

2020. Im Parlament verherrlicht der Präsident Folterund Mord. Auf den Straßenschießt das Militär auf Demonstrierende. Diese Bilder aus Brasilien und Chile scheinen einer überwunden geglaubten Zeitentrissen, beschreiben jedoch die politische Gegenwart. Um die faschistischen Kontinuitäten, die heute zunehmend sichtbar werden, zu erfassen, ist ein Blick in die Geschichte unausweichlich.

In der Filmreihe Historia Presente rücken wir daher aktuelle Filme in den Vordergrund, die die Auseinandersetzung mit der privaten und politischen Vergangenheit suchen. Die Regisseurinnenformulieren Fragen an ihre Biografien und nähernsichmithilfe von Archiv-Material den nie ausgesprochenen Erfahrungen ihrer Eltern.

Carol Benjaminist in ihrem Film “Fico te devendo uma carta sobre o Brasil” auf den Spuren ihres Vaters, der 1971 während der Studierendenproteste gegen die Militärdiktatur inhaftiert wurde und 13 Jahre unschuldig im Gefängnis saß. Der Film erzählt vom unermüdlichen Kampf seiner Mutterum die Freilassung ihres Sohne sund gleichzeitig vom Schweigen, das die Erinnerung suspendiert. Karin Cuyuls Ausgangspunkt für ihren Film “Historia de mi nombre” ist das Verhörvideo einer jungen Aktivistinnamens Karin Eitel, welcheswährend der Pinochet-Diktatur im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Warum gaben ihre Eltern ihr den Namen dieser Frau? Welche Rolle spielte das Politische im Privaten? Wie wurden die Diktaturen in ihrer Familie und im gesamten Land verarbeitet? Warum wurde über sovieles niegesprochen? Fragen wie diese motivieren den Suchprozessder Regisseurin und modulieren die Deutung der vorgefundenen Bilder. Zusammenhänge werden erkennbarund langsam konturiert das Ausschraffieren der Erinnerungenunsere Gegenwart.

Text von Charlie Bendisch